Die Seven Grandfather Teachings der Anishinaabe

Seven Grandfather Teachings

Die Weisheit der Ahnen

Ein persönlicher Einstieg

Diese Lehren sind mir persönlich bei meiner Arbeit auf der benachbarten Gäste-Lodge begegnet. Dort trafen sich Mitglieder mehrerer indigener Reservate aus Alberta für ein Wochenende des Austauschs, Schwitzhütten-Zeremonien und gemeinsam gelebte Traditionen.

Einer der Ältesten hat über die Seven Grandfather Teachings gesprochen und ich war fasziniert von diesem Thema. Das ist nun ein paar Jahre her und zugegeben, die Weisheiten wurden durch den Alltag und die Herausforderungen des Lebens in eine Ecke meines Bewusstseins gedrängt. 

Bei der Entwicklung meines aktuellen Buchprojekts, Herbstweiden in Arrowwood, welches am 25. September 2025 erscheint, waren die Teachings auf einmal wieder da. Es fühlte sich sofort richtig an, sie mit meiner weiblichen Hauptfigur im vierten Band der Sleeping Lake Ranch Reihe, einer Cree, zu verbinden. 

In diesem ersten Artikel meiner Blogreihe zu den Seven Grandfather Teachings lade ich dich ein, mit mir einen ersten Blick auf diese uralten Lehren zu werfen – auf ihre Herkunft, ihre Bedeutung und ihre stille Kraft.

In den kommenden Teilen werden wir uns dann den einzelnen Werten widmen – und was sie auch für unser heutiges Leben bedeuten können.

Wer sind die Anishinaabe?

Die Anishinaabe (ausgesprochen: Ah-nish-in-ah-bay) gehören zu den ältesten indigenen Völkern Nordamerikas. Der Begriff bezeichnet eine Gruppe von Völkern, zu der unter anderem die Ojibwe (auch Chippewa), Odawa (Ottawa) und Potawatomi gehören. Viele von ihnen leben heute im Gebiet der Großen Seen, in Ontario, Manitoba und Teilen der Vereinigten Staaten – aber ihre kulturellen Wurzeln reichen weit zurück.

Der Name Anishinaabe wird oft als „die ursprünglichen Menschen“ übersetzt. Ihre Identität ist eng mit der Natur, mit Spiritualität und mit der Weitergabe von Wissen durch Geschichten verbunden. In ihren Gemeinschaften spielt das gesprochene Wort eine zentrale Rolle – Lehren, Mythen und Weisheiten wurden über Generationen hinweg mündlich überliefert, von Ältesten an die Jüngeren weitergegeben.

Dabei geht es nicht nur um Bewahrung, sondern um Orientierung im Leben: Wie leben wir gut? Wie gehen wir mit anderen, mit der Natur und mit uns selbst um? Eine dieser überlieferten Lehren ist das Wertesystem der Seven Grandfather Teachings – ein spirituelles Fundament, das bis heute in vielen Anishinaabe-Gemeinschaften weitergegeben wird. Obwohl die Seven Grandfather Teachings ihren Ursprung in der Anishinaabe-Tradition haben, werden sie heute auch in vielen anderen First Nations-Gemeinschaften gelehrt – etwa bei den Cree, den Algonquin oder den Mi’kmaq.

Seven Grandfather Teachings

Der Ursprung der Seven Grandfather Teachings

Wie alle Kulturen, die über Jahrhunderte überleben, tragen auch die Anishinaabe ein kollektives Wissen über das Leben in sich – über das, was es bedeutet, gut zu leben. Sie erzählen viele Geschichten über die Welt und darüber, wie man gut mit ihr in Beziehung tritt.

Die Zahl sieben spielt in ihrer Welt eine besondere Rolle: Es gab sieben Stationen auf ihrer westlichen Migrationsreise, Felszeichnungen zeigen sieben Gestalten in einem Boot, es gibt Sternbilder mit sieben Himmelskörpern – und es gibt die Geschichte der Seven Grandfathers.

Die genaue Herkunft der Teachings ist nicht dokumentiert. Älteste berichten, dass es sich ursprünglich nicht um abstrakte Begriffe handelte, sondern um konkrete Lebenshaltungen, die durch Handlungen ausgedrückt wurden. Erst später wurden sie in der uns heute bekannten Form als Begriffe – als „Nomen“ – verbreitet.

Im Zentrum steht jedoch ein uraltes Prinzip: Minobimaadiziwin – ein Wort, das sinngemäß bedeutet: ein gutes Leben führen.

Jeder der sieben Begriffe kann auf fünf Ebenen verstanden werden:

  • als etwas, das in der Welt existiert (Liebe ist einfach da)
  • als Handlung (jemand liebt, handelt mutig, spricht die Wahrheit)
  • als Beziehung zur Natur (z. B. Respekt gegenüber einem See oder Tier)
  • als Beziehung zwischen Wesen (z. B. Ehrlichkeit in der Freundschaft)
  • oder als Potenzial in uns (etwas, das wir haben oder vermissen)

Eine wunderbare Einführung und tiefergehende Beschäftigung mit den Weisheiten bietet das Buch „The Seven Generations and The Seven Grandfather Teachings“ von James Vukelich.

Die wohl bekannteste Überlieferung über den Ursprung, stammt vom Anishinaabe-Elder Eddy Benton-Banai (1931–2020)

Der Schöpfer beauftragte die sieben Großväter, über die Menschen zu wachen. Als sie sahen, dass die Menschen sich schwer taten, schickten sie einen Boten aus, um jemanden zu finden, der die Lehren empfangen konnte. Erst im siebten Anlauf fand der Bote ein neugeborenes Kind – rein, neugierig, offen. Der Junge wurde auf eine siebenjährige Reise geschickt, um die Welt und das Leben der Anishinaabe kennenzulernen. Als er zurückkehrte, nun ein junger Mann, gaben ihm die Großväter sieben Gaben: Weisheit, Liebe, Respekt, Mut, Ehrlichkeit, Demut und Wahrheit.

Die Bedeutung der Teachings heute

In vielen Anishinaabe-Gemeinschaften sind die Seven Grandfather Teachings heute ein tragender Bestandteil des Alltags. Sie werden in Schulen unterrichtet, in Heilkreisen besprochen, bei Zeremonien reflektiert – nicht als starre Regelwerke, sondern als lebendige Wegweiser. Sie bieten Halt in der Wiederverbindung mit indigenen Wurzeln, als Antwort auf Traumata, als Anleitung für Heilung, aber auch für Führung, Gemeinschaft und Identität.

Viele indigenen Organisationen nutzen sie als Grundlage ihres Werteverständnisses. Einige Gemeinschaften passen die Teachings an ihre lokalen Kontexte an – ohne ihren Kern zu verändern. Denn trotz unterschiedlicher Herkunft eint sie ein gemeinsamer Geist: Frieden, Verbundenheit, gegenseitiger Respekt.

Auch außerhalb indigener Kreise finden diese Teachings heute Beachtung. Viele Menschen, die nach einem bewussteren Leben suchen, entdecken in diesen sieben Prinzipien Inspiration – ob im Familienleben, im Umgang mit der Natur oder auf der Suche nach innerer Balance.

In Herbstweiden in Arrowwood ist meine Protagonisten Naira als Cree mit diesen Lehren aufgewachsen. Und doch hat sie Schwierigkeiten, diese Werte jungen Mädchen in ihrem Reservat zu vermitteln. Die reinen Worte wirken auf die Jugendlichen fremd, aber die Weisheiten sind doch vertraut. Weil sie an etwas erinnern, das tief in uns allen schlummert. Und dies zu vermitteln, ist nur eine der Herausforderungen, denen sich Naira in der Geschichte stellen wird.

Die Seven Grandfather Teachings – Auf einen Blick

Seven Grandfather Teachings

Sieben Worte. Sieben Wege.

Jeder dieser Begriffe klingt schlicht – und doch tragen sie eine Tiefe in sich, die berührt. Sie erinnern uns daran, wie wir leben könnten, wenn wir mit offenem Herzen durchs Leben gehen: achtsam, ehrlich, mutig, liebevoll.

Vielleicht spricht dich eines der Teachings besonders an? Vielleicht spürst du, dass du genau diesen Wert gerade brauchst – oder dass er dich schon lange begleitet.

Diese Lehren sind kein Dogma. Sie sind eine Einladung.

Seven Grandfather Teachings

Ausblick auf den nächsten Artikel

Im nächsten Teil dieser Blogreihe tauchen wir tiefer ein – zu den ersten vier Teachings:

Weisheit, Liebe, Respekt und Mut.

Was bedeuten sie im Alltag? Wie lassen sie sich heute leben – in einer Welt voller Tempo, Erwartungen und Unsicherheiten?

Ich zeige dir, wie diese Werte mit bestimmten Tieren verbunden werden und wie sie nicht nur in indigenen Gemeinschaften Kraft spenden, sondern auch als leise Wegweiser durch unsere eigenen Lebensgeschichten dienen können. Und vielleicht entdeckst du dabei einen Gedanken, der auch dein Herz berührt.

Abschluss und Einladung zur Reflexion

Vielleicht hast du beim Lesen gespürt, dass einer dieser Werte gerade in deinem Leben besonders präsent ist – als Herausforderung, als Wunsch oder als stille Kraft im Hintergrund.

Welcher dieser sieben Werte hat dich zuletzt begleitet?
Oder welcher fordert dich gerade besonders heraus?

Ich lade dich ein, darüber nachzudenken – vielleicht bei einer Tasse Tee, einem Spaziergang oder in deinem Tagebuch. Wenn du magst, teile deine Gedanken gern in den Kommentaren unter diesem Artikel oder in einer Mail an mich. Ich freue mich, von dir zu lesen.

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